Landesrechnungshof überprüfte Landesgesellschaft Kärnten Werbung
veröffentlicht am 4. Mai 2021
Einleitung
Der Kärntner Tourismus verzeichnete in den Jahren 2015 bis 2019 grundsätzlich einen Aufwärtstrend. Wichtige Ziele wie die Belebung der Nebensaisonen wurden jedoch trotz landesweiter Leitprodukte und Events nicht erreicht. Der Kärntner Landesrechnungshof pricht 59 Empfehlungen an die Kärnten Werbung und das Land Kärnten aus. Die Kärnten Werbung sollte unter anderem Auftragsvergaben und Gehälter nachvollziehbar gestalten und dokumentieren sowie Rechnungskontrollen verbessern. Die Bearbeitung des chinesischen Markts ist zu hinterfragen.Pressemitteilung
Tourismusentwicklung
Der Tourismus hat für Kärnten eine große Bedeutung. Die Tourismus- und Freizeitwirtschaft machte beispielsweise im Jahr 2015 15 Prozent der Bruttowertschöpfung des Bundeslandes aus. Obwohl die Nächtigungen und Ankünfte zwischen 2010 und 2019 um 8,8 Prozent bzw. 22,7 Prozent stiegen, lag Kärnten mit diesen Steigerungsraten im Bundesländervergleich an vorletzter Stelle. Die Bettenanzahl reduzierte sich in Kärnten im selben Zeitraum um 10,9 Prozent, während sie im Österreich-Durchschnitt (exklusive Kärnten und Wien) um 5,6 Prozent stieg. Die Anzahl der Qualitätsbetten (4 und 5 Stern-Kategorie) konnte in Kärnten zwar um 2,5 Prozent gesteigert werden, lag aber deutlich unter dem Österreich-Durchschnitt (exklusive Kärnten und Wien) von 16 Prozent. Bereits im Jahr 2005 führte das Weißbuch Tourismus die geringe Anzahl an Qualitätsbetten als Schwäche des Kärntner Tourismus’ an.
Das Land beauftragte die Kärnten Werbung mit den zentralen touristischen Aufgaben wie dem Marketing, der Entwicklung der Tourismusmarke und der Zusammenarbeit mit den Tourismusorganisationen. Ein Ziel der Kärnten Werbung ist, den Frühling und Herbst zu beleben und damit die Saisonen zu verlängern. Bereits das Weißbuch Tourismus aus dem Jahr 2005 definierte dieses Ziel. Der Großteil der Nächtigungen entfiel in den Jahren 2010 und 2019 mit 60 Prozent jedoch weiterhin auf den Sommer (Mai bis August).
Personal
Die Kärnten Werbung beschäftigte zwischen 2015 und 2019 Personen im Ausmaß von 32,4 bis 34,4 Vollzeitkräften inklusive Geschäftsführer. Der Höchststand an Vollzeitkräften war im Jahr 2006 mit 39,2 zu verzeichnen. In einem früheren Bericht zur Kärnten Werbung stellte der Landesrechnungshof fest, dass die Mitarbeiteranzahl von 2001 bis 2006 von 22 auf 42 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anstieg. Er kritisiert, dass in der Kärnten Werbung Unterlagen zu den Personalständen vor dem Jahr 2010 fehlten. Die Kärnten Werbung gab an, dass die Personalstände von 2005 bis 2009 nicht dokumentiert wären.
Von 2015 bis 2019 stieg der Personalaufwand der Kärnten Werbung um 16 Prozent, die Gehälter von zehn Personen um durchschnittlich 27 Prozent. Die Kärnten Werbung begründete die Gehaltserhöhungen mit der Übernahme von Leitungsfunktionen und ausgeweiteten Aufgabenbereichen. Der Landesrechnungshof kritisiert, dass die Kärnten Werbung das genehmigte Personalbudget in den Jahren 2016 bis 2018 deutlich überschritt. Sie hat unter anderem Gehaltserhöhungen bei der Budgetplanung zu wenig berücksichtigt.
Mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die nach 2007 angestellt wurden, vereinbarte die Kärnten Werbung die Gehälter individuell.
„Wir können die Bemessung der individuellen Gehälter nicht nachvollziehen, weil die Kärnten Werbung die Überlegungen und Vergleichswerte dafür nicht ausreichend dokumentiert hat“, sagt Landesrechnungshofdirektor Günter Bauer.
Außerdem hatten 45 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Jahr 2019 eine Überstundenpauschale, die die Kärnten Werbung auch in die Sonderzahlungen einrechnete und somit 14 Mal pro Jahr auszahlte.
Der aktuelle Geschäftsführer der Kärnten Werbung übernahm diese Position im Jahr 2010. Sein Gehalt setzte sich bis 2016 aus einem fixen Teil und einer variablen Prämie zusammen. Der Landesrechnungshof kritisiert, dass die variable Prämie im Jahr 2016 in einen fixen Gehaltsbestandteil umgewandelt wurde. Dadurch hing die Prämie nicht mehr von Leistungen ab, sondern wurde automatisch ausgezahlt. Das Land als Eigentümer nahm sich dadurch die Möglichkeit, die Entwicklung der Kärnten Werbung durch Zielvereinbarungen zu steuern.
Auftragsvergaben und Rechnungskontrollen
Für Rechts- und Beratungsleistungen gab die Kärnten Werbung von 2015 bis 2019 rund 386.200 Euro aus. Eine Stichprobenanalyse ergab, dass sie alle Leistungen über Direktvergaben beschaffte und vorwiegend zwei Kanzleien beauftragte. Auch im Bereich Digitale Medien und Datenmanagement vergab die Kärnten Werbung zahlreiche Aufträge an zwei Auftragnehmer. Außerdem holte sie nur vereinzelt Vergleichsangebote ein, die sie auch nicht dokumentierte.
„Auch wenn man mit bewährten Partnern zusammenarbeitet, sollte man Vergleichsangebote einholen. Nur dadurch kann man das wirtschaftlich beste Ergebnis erzielen und die Angemessenheit der Preise nachvollziehen“, sagt Direktor Bauer.
Der Landesrechnungshof kritisiert auch, dass es mit manchen Auftragnehmern keine schriftlichen Vereinbarungen gab. Zum Beispiel arbeitete die Kärnten Werbung 30 Jahre mit einem Steuerberater ohne eine schriftliche Vereinbarung zusammen.
Bei einer Stichprobenanalyse stellte der Landesrechnungshof fest, dass die Kärnten Werbung bei Marketingmaßnahmen zur Marktbearbeitung keine Schätzungen des Auftragswerts für die geplanten Geschäftsbeziehungen vornahm und diese dokumentierte. Dies führte in weiterer Folge dazu, dass die Leistungen im Wege der Direktvergabe beschafft wurden, obwohl sich später herausstellte, dass die Auftragswerte über dem Direktvergabe-Schwellenwert lagen. Der Landesrechnungshof empfahl daher, in der Kärnten Werbung eine vergaberechtliche Basiskompetenz aufzubauen. Der Empfehlung des Landesrechnungshofs wurde bereits im Zuge der Prüfung entsprochen.
Der Landesrechnungshof analysierte fünf Rechnungen einer Rechtsanwaltskanzlei. Vier davon – in Summe 16.950 Euro – bezahlte die Kärnten Werbung ohne die erforderliche Unterschrift des Geschäftsführers. Die sachliche Richtigkeit der Rechnungen bestätigte eine Mitarbeiterin der Buchhaltung. Es fehlten jedoch Stundenaufzeichnungen, die Kosten für die einzelnen Leistungen waren nicht angegeben und teilweise auch keine Tarife nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz. Dadurch waren die verrechneten Leistungen bzw. Pauschalleistungen nicht detailliert nachvollziehbar und man konnte sie auch nicht ordnungsgemäß kontrollieren.
Zielmärkte und Marktbearbeitung
Der Landesrechnungshof empfiehlt der Kärnten Werbung den Kärntner Gast als Zielgruppe in die Marktbearbeitung aufzunehmen. Denn Nächtigungszahlen der Jahre 2015 bis 2019 zeigen, dass die Kärntner Gästegruppe mit 3,2 Millionen Nächtigungen über den Nächtigungen des Markts Italien lag.
Im Jahr 2016 begann die Kärnten Werbung den Markt China eigenständig zu bewerben und wendete dafür von 2016 bis 2019 durchschnittlich rund 200.000 Euro pro Jahr auf. Damit hatte die Kärnten Werbung für den Markt China die höchsten Marketingausgaben pro erzielter Nächtigung. Die Geschäftsführung und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kärnten Werbung reisten beispielsweise nach Shanghai, Peking, Hongkong und Macau. Der Landesrechnungshof empfiehlt der Kärnten Werbung den Umfang und die Instrumente für die Bearbeitung des chinesischen Markts zu überprüfen. Denn zwischen 2015 und 2019 entfielen nur 0,2 Prozent der Nächtigungen auf chinesische Gäste mit einer unterdurchschnittlichen Aufenthaltsdauer von 1,15 Tagen. Die Marktbearbeitung war unter anderem durch die Influencer- und Bloggerbetreuung sehr betreuungsintensiv.
Events
Die Kärnten Werbung nutzte Events mit touristischer Bedeutung in Kärnten, um die Marke Kärnten bekannter zu machen und Umsätze für die Kärntner Wirtschaft zu erzielen. Von 2015 bis 2019 gab sie für Events 6,4 Millionen Euro aus, wovon 76 Prozent auf fünf Hauptevents entfielen. Diese Ausgaben reduzierten sich um rund 2 Millionen Euro durch Kostenersätze von Tourismusregionen und -betrieben.
Ein Ziel der Kärnten Werbung ist, den Frühling und Herbst zu beleben und damit die Saisonen zu verlängern. Die meisten gesponserten Events fielen jedoch in die Hauptsaison. Deswegen wurde damit das Ziel der Saisonverlängerung nicht erreicht. Das „Wenn die Musi spielt“ findet beispielsweise im Sommer und im Winter statt und auch die Gästezielgruppe entspricht nicht der definierten Markenstrategie der Kärnten Werbung. Deswegen empfiehlt der Landesrechnungshof das Sponsoring für dieses Event zu evaluieren.
Standortmarke Kärnten
Das Land startete im Januar 2019 mit dem Standortmarkenprojekt und richtete dafür eine Steuerungsgruppe ein. Um die Tourismusmarke zu integrieren, zog das Land die Kärnten Werbung hinzu und beauftragte sie mit unterschiedlichen Leistungen. Die Kärnten Werbung stellte dafür ab Januar 2020 einen Mitarbeiter ohne schriftliche Finanzierungszusage des Landes ein. Sie musste die Kosten des Projekts über ihr Kernbudget vorfinanzieren, das aber für die zentralen touristischen Aufgaben zweckgewidmet war. Der Landesrechnungshof kritisiert, dass es die Kärnten Werbung verabsäumte, vor Projektübernahme die Projektfinanzierung und die rechtlichen Rahmenbedingungen abschließend zu klären.
Das Land entschied sich erst in einem späten Projektstadium für einen neuen Marken-Claim. Eine Kreativagentur erarbeitete den neuen Marken-Claim „It´s my life“ innerhalb von einem Monat. Dem Landesrechnungshof fiel auf, dass der Claim in kurzer Zeit erarbeitet und die Akzeptanz bei den Zielgruppen nicht abgetestet wurde. Wie der Landesrechnungshof feststellte, bezahlte das Land für den Prozess Standortmarketing im Zeitraum 2019 bis Oktober 2020 insgesamt 303.534 Euro inklusive Umsatzsteuer.